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Verfahren auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken gemäß § 23 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)

Freistellungsgegenstand i. S. d. § 23 Abs. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes sind Grundstücke (bzw. ein Flurstück insgesamt) oder auch Teilflächen eines Grundstückes, die dem öffentlichen Verkehr dienende Betriebsanlagen einer Eisenbahn sind oder auf denen sich Betriebsanlagen einer Eisenbahn befinden, mithin für Bahnbetriebszwecke benötigt werden (vgl. BT-Drs. 15/4419, S. 19).

Unter den Begriff der Eisenbahn sind i. S. d. § 2 Abs. 1 AEG öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen zu verstehen, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen (Eisenbahnverkehrsunternehmen) oder Eisenbahninfrastruktur betreiben (Eisenbahninfrastrukturunternehmen). Der Begriff der Eisenbahninfrastruktur geht zurück auf die „Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft“ (RL 91/440/EWG, ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25.) und wird durch die in Teil A der Anlage 1 der VO (EWG) Nr. 2598/70 (nun Art. 3 Nr. 3 i. V. m. Anhang I der RL 2012/34/EU) enthaltene Auflistung präzisiert.

Der in § 23 Abs. 1 AEG verwendete Begriff der „Betriebsanlage“ ist identisch mit demjenigen in § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG, weil die Freistellung von Bahnbetriebszwecken der „actus contrarius“ zur Planfeststellung ist. Unter Betriebsanlagen fallen nicht nur die Schienenwege, sondern alle Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Personen- und Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind.

Welchen Zweck verfolgt ein Freistellungsverfahren?

Um den öffentlich-rechtlichen Planungs- und Nutzungsvorbehalt (Bahnbetriebszweck) aufzuheben, muss durch Verwaltungsakt die Freistellung von Bahnbetriebszwecken festgestellt werden. Danach unterliegen die Grundstücke wieder der kommunalen Planungshoheit. Eine Freistellung kann unter Umständen auch für Teilflächen eines Grundstücks erfolgen, soweit sich auf diesen Teilflächen bauliche oder technische Anlagen befinden, die dem Betrieb der Bahn dienen.

Eine Freistellung von Bahnbetriebszwecken ist festzustellen, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist.

Wer ist zuständig?

Das Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt (fortan: MID-LSA) wird für eine Freistellung von Bahnbetriebszwecken i. S. d. § 23 AEG nur auf Antrag tätig. Seine Zuständigkeit ist dabei beschränkt auf nichtbundeseigene Eisenbahnen. Hierzu zählen auch Anschlussbahnen.

Für bundeseigene Eisenbahnen obliegt die Zuständigkeit dem Eisenbahn-Bundesamt. Bei stillgelegten oder bereits zurückgebauten Bahnbetriebsanlagen richtet sich die Zuständigkeit nach dem letzten tatsächlichen Betreiber der Bahnbetriebsanlage.

Bei betreiberlosen Infrastrukturen ist auf den letzten Instandhaltungspflichtigen bzw. Verkehrssicherungspflichtigen abzustellen.

Wer ist antragsberechtigt?

Antragsbefugt i. S. d. § 23 Abs. 1 AEG sind

  • das die Bahnanlage betreibende Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU),
  • die Eigentümerin/der Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder
  • die Gemeinde, auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet.

Der Antrag ist schriftlich, aber ansonsten formlos zu stellen.

Er soll eine genaue Bezeichnung der Freistellungsfläche in Text und Lageplan und der darauf befindlichen Anlagen/Bauwerke, die von Bahnbetriebszwecken freigestellt werden sollen, enthalten. Notwendig sind damit Angaben insbesondere zu

  • Gemeinde,
  • Gemarkung,
  • Flur,
  • Flurstücksnummer,
  • Größe der Grundstücke,
  • Streckennummer und Streckenkilometer (soweit bekannt) und
  • ehemalige/bisherige Nutzung der Anlage bzw. Anlagenteile (soweit bekannt)
  • aktuellem Eigentümer.

Hinweise

Handelt es sich um bestimmte Teile eines Flurstücks oder mehrere Flurstücke, ist die genaue Bezeichnung der Freistellungsfläche durch Beschreibung und zeichnerische Darstellung auf einem Lageplan festzustellen. Aus dem Plan des Antrags muss eindeutig ersichtlich sein, welche Grundstücke von Bahnbetriebszwecken freigestellt werden sollen (farbliche Markierung), wobei im Freistellungsverfahren i. d. R. ein Maßstab von 1:1000 ausreicht.

Es sollen nur ganze Flurstücke freigestellt werden. Wird ein Antrag auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken nur für einen Teil eines Flurstücks gestellt, soll ein eigenes Flurstück gebildet werden. Das MID-LSA behält sich darüber hinaus zur Sicherstellung einer klaren Abgrenzung der verbleibenden Betriebsanlagen den Nachweis der Neuvermessung durch den Antragsteller vor Erlass des Freistellungsbescheides vor.

Welche Unterlagen müssen eingereicht werden?

  1. Bei Vertretung ist ein Nachweis einer Vertretungsberechtigung, d.h. regelmäßig Vollmachtsurkunde dem Antrag beizulegen.
  2. Darlegung und Nachweis der Eigentumsverhältnisse
  3. Erläuterungsbericht mit vertiefenden Ausführungen dazu, dass weder aktuell ein Verkehrsbedürfnis besteht noch langfristig eine eisenbahnspezifische Nutzung der Infrastruktur zu erwarten ist
  4. Übersichtskarten (Maßstab 1:10.000 bis 1:50.000)
  5. Lagepläne/Flurkarten mit Flurstücks- Nummer/n, aus denen die Lage der betreffenden Eisenbahnbetriebsanlage/n (z.B. Gleise, Bahnhof, Schrankenanlagen etc.) ersichtlich sind

Bei schriftlicher Antragstellung sind die Unterlagen mindestens in 10-facher Ausführung einzureichen. Liegt die maßstabsgetreue Darstellung der Pläne nur in den Formaten DIN A 2, A 1, A 0 oder Sonderformaten vor, sind mindestens 5 Pläne in Papier einzureichen. In besonderen Fällen sind weitere Nachforderungen von Exemplaren vorbehalten.

Wie läuft das Verwaltungsverfahren ab?

Bei Vorliegen der Antragsbefugnis des Antragstellers und nach Vorlage aller notwendigen Antragsunterlagen wird das Stellungnahmeverfahren eingeleitet, in welchem die in § 23 Abs. 2 AEG genannten Adressaten, mithin

  • die Eisenbahnverkehrsunternehmen,
  • die Träger des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in den Ländern (die nach § 1 Abs. 2 Regionalisierungsgesetz (RegG) bestimmten Stellen),
  • die zuständigen Träger der Landesplanung und Regionalplanung,
  • die betroffenen Gemeinden sowie
  • Eisenbahninfrastrukturunternehmen, soweit deren Eisenbahninfrastruktur an die vom Antrag betroffene Eisenbahninfrastruktur anschließt

zur Abgabe einer Stellungnahme in Form einer öffentlichen Bekanntmachung im Bundesanzeiger aufgefordert werden, wobei die Frist zur Abgabe der Stellungnahme sechs Monate nicht überschreiten soll. Die Entscheidung über die Freistellung wird dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen, dem Eigentümer des Grundstücks und der Gemeinde, auf deren Gebiet das Grundstück liegt, nach den Förmlichkeiten des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) zugestellt. Die zuständigen Träger der Landesplanung und Regionalplanung werden unterrichtet.

Ist die Freistellungsentscheidung kostenpflichtig?

Das Verfahren ist kostenpflichtig. Kosten (Gebühren und Auslagen) werden nach dem Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt erhoben.

Kontakt

Für weitere Fragen zum Freistellungsverfahren erreichen Sie die Außenstelle des Ministeriums unter folgenden Kontaktdaten:

Ministerium für Infrastruktur und Digitales
des Landes Sachsen-Anhalt
-Außenstelle Halle-
Ernst-Kamieth-Straße 2
06112 Halle (Saale)

Tel.: +49 345 514-1730

Das Ministerium auf Twitter